chemische Bindung

chemische Bindung
Bindung

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che|mi|sche Bịn|dung: in erster Linie Bez. für die in Molekülen u. Atomverbänden intramolekular wirksamen, den Zusammenhalt der Atome bewirkenden Hauptvalenzbindungen, bei denen man unterscheidet zwischen kovalenter ( Atombindung), ionischer ( Ionenbindung), metallischer ( Metallbindung) u. dativer, semi- oder dipolarer Bindung ( Koordinationsbindung) oftmals überlagern sich die Bindungsarten. Als c. B. im erweiterten Sinne betrachtet man die intermolekular, d. h. zwischen Molekülen wirksamen, wesentlich schwächeren Nebenvalenzbindungen (Molekülbindung), die aus der Wechselwirkung von Van-der-Waals-Kräften o. a. zwischenmolekularen Kräften resultieren. Zur symbolischen Darstellung der c. B. dient die chemische Zeichensprache.

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chemische Bindung
 
[ç-], Art des Zusammenhalts von Atomen in Molekülen, Kristallen u. a. sowie von Molekülen in Molekülverbänden. Ursache aller chemischen Bindungen sind gemäß den Gesetzen der Quanten- und Wellenmechanik erfolgende elektrische Wechselwirkungen zwischen den Elektronen und Atomkernen der Atome. Maßgeblich an der Bildung einer chemischen Bindung sind v. a. die Außenelektronen der Atome beteiligt. Alle Atome zeigen das Bestreben, als äußerste Elektronenschale die energiemäßig günstigere und stabilere Edelgasschale (Achterschale) des im Periodensystem der chemischen Elemente vorangehenden oder folgenden Edelgases auszubilden (Edelgaskonfiguration), und zwar durch Elektronenabgabe oder -aufnahme (Oktetttheorie). Je nach Art der dabei auftretenden Verhältnisse der Elektronenverteilung unterscheidet man bei den starken innermolekularen Bindungen zwischen Atombindung, Ionenbindung und Metallbindung. Im konkreten Einzelfall liegt jedoch meist eine Mischform aus diesen idealisierten Bindungsarten vor.
 
Atombindung, auch kovalente Bindung oder homöopolare Bindung, Kovalenzbindung, Elektronenpaarbindung genannt: Diese Bindungsform tritt v. a. bei Molekülen nichtmetallischer Elemente auf und beruht auf der Ausbildung eines gemeinsamen (bindenden) Elektronenpaars. Ein Beispiel dafür ist die Bindung im Chlormolekül, Cl2. Jedes Chloratom hat auf seiner Außenschale sieben Elektronen, zwei davon in der abgeschlossenen 3s-Schale und fünf in der 3p-Schale. Zur Edelgasschale des Argons fehlt also je ein Elektron in der p-Schale. Die Edelgasschale wird für beide Atome dadurch erreicht, dass ihnen ein Elektronenpaar gemeinsam angehört. - Dabei wird das Zustandekommen der Bindung von der Quantenchemie durch das Überlappen zweier Atomorbitale (Orbital), z. B. im Fall der Chloratome der 3pz-Orbitale, erklärt. Die durch das gemeinsame Elektronenpaar bewirkte Bindung ist richtungsabhängig und besteht nur zwischen den beiden Atomen. - Fehlen den Atomen eines Elements zur Edelgaskonfiguration zwei und mehr Elektronen, so können zwischen je zwei Atomen auch zwei oder drei gemeinsame Elektronenpaare auftreten, d. h., es kommt zur Ausbildung einer Doppelbindung oder einer Dreifachbindung. Während die Bindung durch ein Elektronenpaar in Richtung der Verbindungsachse der beiden Atome wirkt und als σ-Bindung (Sigmabindung) bezeichnet wird, treten bei der Doppel- und Dreifachbindung π-Bindungen (Pibindungen) auf, deren Orientierung senkrecht zur Bindungsachse verläuft, entsprechend der räumlichen Verteilung der sie verursachenden π-Elektronen (Pielektronen). Ein Beispiel für ein Molekül mit einer σ-Bindung und zwei π-Bindungen bietet das Stickstoffmolekül, N2. Die drei Bindungen sind nicht gleichwertig, die beiden π-Bindungen haben eine etwas geringere Bindungsenergie und sind damit schwächer.
 
Reine Atombindungen treten immer dann auf, wenn die Elektronegativität beider Atome gleich stark ist. Dies ist stets der Fall zwischen zwei Atomen des gleichen Elements, also z. B. beim Cl2-Molekül. Zwischen Atomen zweier Nichtmetalle, die sich in ihren Elektronegativitäten deutlich unterscheiden, bilden sich dagegen Atombindungen mit polarem Anteil aus; die entstehenden Moleküle stellen einen Dipol dar. Bei diesen polaren Atombindungen wird das gemeinsame Elektronenpaar durch das stärker elektronegative Atom stärker als durch das weniger elektronegative angezogen, wodurch es zu einer Ladungsverschiebung zwischen den beiden Bindungspartnern kommt. Die negative beziehungsweise positive Teilladung (Partialladung) wird in den chemischen Formeln meist durch die Symbole δ- beziehungsweise δ+ angedeutet. Eine polare Atombindung liegt z. B. im Chlorwasserstoffmolekül, HCl, vor. - Ein Spezialfall der Atombindung ist die v. a. in Koordinationsverbindungen auftretende Koordinationsbindung, auch koordinative Bindung, semipolare Bindung oder dative Bindung genannt. Sie unterscheidet sich von der normalen Atombindung im Wesentlichen nur dadurch, dass das bindende Elektronenpaar von einem der beiden Bindungspartner allein gestellt wird, während der andere über eine besetzbare Elektronenlücke verfügen muss.
 
Ionenbindung, auch heteropolare Bindung, ionische Bindung, ionogene Bindung oder elektrovalente Bindung, elektrostatische Bindung genannt: Bei dieser Bindungsform gibt ein Atom seine Außenelektronen vollständig ab und erreicht dadurch die Edelgaskonfiguration des im Periodensystem vor ihm stehenden Edelgases: ein oder mehrere andere Atome nehmen die Elektronen auf und erreichen ebenfalls Edelgaskonfigurationen. Durch diese Elektronenaufnahme beziehungsweise -abgabe erhalten die Atome eine negative beziehungsweise positive Ladung, sie werden zu Ionen; die so entstehenden entgegengesetzt geladenen Ionen ziehen sich gemäß dem Coulomb-Gesetz an und bilden, da die elektrostatischen Kräfte richtungsunabhängig sind, Kristallgitter, in denen jedes Ion in gesetzmäßiger Folge von einer bestimmten Anzahl entgegengesetzt geladener Ionen umgeben ist. Ein Beispiel für eine Ionenbindung ist die Bildung von Natriumchlorid, NaCl. Es entstehen positiv geladene Natriumionen und negativ geladene Chlorionen. - Die Ionenbindung ist charakteristisch für die Verbindungen von Metallen mit Nichtmetallen (Salze). Reine Ionenbindungen treten nur zwischen stark elektropositiven und stark elektronegativen Elementen auf (Differenz der Elektronegativitätswerte > 1,8), in allen anderen Fällen sind auch Atombindungen mehr oder weniger stark beteiligt.
 
Metallbindung oder metallische Bindung: Eine gesonderte Stellung nimmt die bei Metallen und Legierungen auftretende Bindung ein. Sie wird durch die Gesamtheit der Valenzelektronen aller Atome bewirkt, die sich hier weitgehend von den einzelnen Atomen lösen und mehr oder weniger frei als Leitungselektronen (Elektronengas) durch das von den zurückbleibenden, in diese »Ladungswolke« eingebetteten positiven Atomrümpfen (Metallionen) gebildete Kristallgitter bewegen (Metalle). Auch bei diesem Bindungstyp gibt es, v. a. bei Legierungen und intermetallischen Verbindungen, Übergänge zur Atom- und zur Ionenbindung.
 
Neben diesen als Hauptvalenzbindungen bezeichneten Typen der chemischen Bindung, deren Bindungsenergien zwischen 50 und 1 000 kJ/mol liegen, gibt es noch weitere Formen der chemischen Bindung mit Bindungsenergien von weniger als 50 kJ/mol, die unter dem Begriff Nebenvalenzbindungen zusammengefasst werden. Haupt- und Nebenvalenzbindungen können dabei oft nebeneinander auftreten. Nebenvalenzbindungen bewirken z. B. den Zusammenhalt valenzmäßig abgesättigter Moleküle in Flüssigkeiten und Molekülkristallen; die sie verursachenden zwischenmolekularen Kräfte sind z. B. elektrostatische Natur (Anziehungskräfte zwischen Dipolen und Ionen oder Dipolen und anderen Dipolen) oder Dispersionskräfte. Eine der wichtigsten Nebenvalenzbindungen ist die Brückenbindung, bei der ein Atom (Brückenatom) oder eine Atomgruppe zwei Molekülreste aneinander bindet oder Assoziationen bewirkt; sie tritt am häufigsten in der speziellen Form der Wasserstoffbrückenbindung auf.
 
 
F. Seel: Atombau u. c. B. (81974);
 H. Preuss u. F. L. Boschke: Die c. B. (1975);
 H. Primas: C. B. (Zürich 21975);
 L. Pauling: Die Natur der c. B. (a. d. Engl., 31976);
 S. Nöding: Die Struktur der Materie. Atombau - C. B. - Teilchenstruktur (31981);
 H. Keune u. U. Dämmgen: Atome - Bindungen - elementare Ordnungen (1983);
 R. McWeeny: Coulsons c. B. (a. d. Engl., 21984);
 W. Kutzelnigg: Einf. in die theoret. Chemie, Bd. 2: Die c. B. (21994).

Universal-Lexikon. 2012.

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